Regulierung oder Ethik

Mehr Regulierung oder mehr Ethik?

Ich frage mich immer wieder, ob mehr Regulierung wirklich zum Ziel führt.
In der Praxis sehen wir doch oft, dass Unternehmen sich trotz bestehender Gesetze nicht an Vorgaben halten – und dass die Sanktionen meist zahnlos oder folgenlos bleiben.

Was hilft uns also zusätzliche Regulierung, wenn Verantwortung längst zur Formalie geworden ist?

Früher sprach man von der „Ehre des Kaufmanns“.
Wer unredlich handelte, verlor das Vertrauen seiner Kunden – und damit seine Existenzgrundlage.
Das war kein Gesetz, sondern eine soziale Regel, getragen von der Gemeinschaft.

Heute ist der Markt global, anonym und von Algorithmen gesteuert.
Unternehmen werden von Managern geführt, die oft keinen persönlichen Bezug mehr zu ihren Entscheidungen haben.
Und das „System Wirtschaft“ ist so komplex, dass niemand mehr wirklich verantwortlich scheint.

Deshalb erleben wir eine paradoxe Entwicklung:
Je mehr wir regulieren, desto mehr verlagern wir Verantwortung auf Systeme, auf Compliance-Abteilungen, auf Kontrollmechanismen.
Aber diese schaffen keine Ethik – sie schaffen nur Bürokratie.

Regulierung kann den Rahmen definieren, ja.
Aber Ethik muss den Inhalt füllen.
Denn Regeln ersetzen kein Gewissen. Und Vertrauen entsteht nicht durch Paragraphen, sondern durch Haltung, Transparenz und Fairness.

Solange jedoch „Geiz ist geil“ und „Profit um jeden Preis“ die Leitprinzipien bleiben, wird es schwierig, gesellschaftliche Verantwortung glaubwürdig einzufordern.
Es braucht wieder ein Bewusstsein dafür, dass Werte keine Bremse, sondern die Grundlage für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sind.

Oder in einem Satz:

Regulierung schafft Ordnung – Ethik schafft Vertrauen.
Und ohne Vertrauen funktioniert kein Markt.

Wie seht ihr das?
Braucht es mehr Gesetze, oder müssen wir unsere Haltung im Wirtschaftssystem verändern?

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Michael Mrak schreibt in seinem Artikel, den er gerade im Forum erwähnt hat:

Viele Unternehmen, insbesondere KMU, zögern beim Einsatz von KI. Grund sind […] fehlende Leitlinien .

Gestern ist bei den Digital Days in Wien auch wieder der Ruf nach klaren gesetzlichen Regulierungen und anerkannten internationalen Standards sowie der Klärung der Haftungsfrage laut geworden.

Ich bekomme den Eindruck, dass Unternehmen nur noch dann sich bewegen wollen, wenn es ihnen von einer Obrigkeit klar angeordnet und erlaubt und jegliches Risiko eliminiert wurde.

Sorry, aber wahre Unternehmer:innen sind diejenigen, die in einem ungeklärten und unsicheren Umfeld mit Begeisterung agieren und schauen, was geht. Die lassen sich nichts sagen. Die warten nicht auf eine Erlaubnis. Die warten nicht, bis die Pioniere durch den Dschungel eine Schneise geschlagen und die AFINAG eine Autobahn gebaut hat. Ihre primären Handlungsmaximen sind Wagemut, Hausverstand und eine gesunde Portion Ethik. Sie nutzen die Chancen, die sich ihnen bieten, allen Skeptikern und Zögerern zum Trotz.

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Und das hieße dann, dass wir wegen wirkungsloser Sanktionen/Strafen die diese begründenden Regulierungen/Gestze aufheben - also “entbürokratisieren” - sollten ?

Wenn bei Dir ein Einbruch erfolgen würde, die Einbrecher aus irgendwelchen Gründen nicht ermittelt oder verfolgt werden könnten, dann sollten alle gesetzlichen (auch die Straf-) Bestimmungne zu “Diebstahl” aufgehoben werden ?
Damit Du dann beim nächsten Einbruch vielleicht selbst verurteilt werden könntest , weil Du die nächsten Einbrecher in deinem Haus vielleicht zu unfreundlich behandelt hast - ihnen vielleicht nicht gleich auch Kaffe und Kuchen angeboten hast ?

Wer unredlich handelte, verlor das Vertrauen seiner Kunden – und damit seine Existenzgrundlage.

Im Streitfall galt aber - auch aus Beweisgründen vor Gerichten - dann nur mehr das , was auch schriftlich irgendwo (in Gesetzesbüchern sonstigen, allgeimen gültigen, Regularien oder indivduellen schriftlichen Verträgen) festgelegt wurde.
Daher umfassen heute immer mehr Gesetze und Verträge nicht mehr nur wenige Seiten mit “grundsätzlichen” Bestimmungen und Vorschriften, sondern immer öfter mehrere hundert Seiten - und kommt der Ruf nach “Entbürokratiserung” heute aus den gleichen Interessenten-/Personen-Kreisen, die vormals nach im Detail schriftlich festgelegten Vorgangsweisen und Bestimmungen gerufen haben und sich an vielleicht einstmals sogar mündlich getroffene Vereinbarungne nicht mehr “erinnern” können und allgemein akzeptierte, aber nicht schriftlich festgelegte, “ethische” Grundregeln nicht akzeptieren wollen oder vielleicht in der uns (wem eigentlich ?) geläufigem Form gar nicht kennen.

Heute ist der Markt global, anonym und von Algorithmen gesteuert.

Dieser Satz enthält aber nur viele Ausreden, warum an zu kritisierenden Umständen dieses Marktes angeblich keine Änderungen möglich sein sollen.

Etwa :

Ist ein globaler Markt tatsächlich nur so positiv, wie bisher üblich, zu sehen ?

Märkte sind nie anonym , die Agierenden wissen sich nur gut zu verstecken/zu verschleiern.

Algorythmen werden von Personen/Organisationen entwickelt und akzeptiert.
Sie könnten von eben diesen Gruppen auch geändert oder sogar auch wieder gänzlich abgeschafft werden , falls sie als Problem ( für wen ? von wem ? ) identifiziert werden sollten.

Solange jedoch „Geiz ist geil“ und „Profit um jeden Preis“ die Leitprinzipien bleiben,

Daher müsste solchen Formulierungen und Verhaltensweisen - sowohl in Werbung, Konsumverhalten, als auch im Geschäftsleben, viel deutlicher und lauter “entgegengetreten” werden.

Je mehr wir regulieren, desto mehr verlagern wir Verantwortung auf Systeme, auf Compliance-Abteilungen, auf Kontrollmechanismen.

Firmen, die solche Abteilungen/Systeme betreiben, bringen damit aber nur zum Ausdruck, dass sie sich zwar ”formell”- aber zumeist nicht inhaltlich (“aus innerer Überzeugung”) - mit diesen Themen “beschäftigen”.

Mit kurzen Worten:
Und solange BWL als die Religion gilt und VWL so etwas wie pfui ist, wird sich darob kaum was ändern!

Solange wir uns nicht ändern wird sich nichts ändern.

Die Firmen werden zu Millionenzahlungen (Benko würde sagen Portokassa - Quelle: Gute Nacht Österreich) verurteilt, zahlen keine Steuern und wir kaufen weiter dort und bewundern ihren Erfolg.

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