Eine verdeckte Recherche legt offen, wie mit der Technik eines deutsch-österreichischen Unternehmens Politiker, Journalisten und Prominente getrackt wurden
Es gebe einen Weg, auch in sanktionierte Länder zu liefern – über das First-Wap-Büro in Indonesien nämlich. In Europa brauche man für die Lieferung von Überwachungstechnologie Exportlizenzen.
„Lighthouse Reports“ hat gemeinsam mit dem STANDARD, Paper Trail Media, „Spiegel“, dem ZDF und weiteren Medien die Undercover-Aufnahmen sowie Daten der Firma First Wap ausgewertet. Das Ergebnis: Ein tiefer Einblick in eine Branche, die eigentlich Verbrechen verhindern soll – doch der Weg vom legalen Einsatz zum Missbrauch ist kurz.
An der Recherche, die vom Investigativportal „Lighthouse Reports“ initiiert und gemeinsam mit dem Recherchebüro Paper Trail Media koordiniert wurde, waren mehr als 30 Journalistinnen und Journalisten von 14 Medienhäusern in elf Ländern beteiligt: DER STANDARD, ZDF, „Spiegel“, „Tamedia“, „Haaretz“, „Tempo“, KRIK, „Investigace.cz“, „Le Monde“, NRK, „IrpiMedia“, „Mother Jones“, und „The Center for Investigative Reporting“.
Rund 1500 Nummern konnte das internationale Recherche-Team konkreten Personen zuordnen. Dazu zählen Journalistinnen und Journalisten, Politiker, Oligarchen, Diplomaten, Staatsanwälte, Top-Manager und Prominente – wie etwa der frühere Premierminister von Katar, Hamad bin Jassim Al Thani, Hollywood-Schauspieler Jared Leto, Anne Wojcicki, Unternehmerin und Ex-Frau des Google-Gründers Sergej Brin, oder Sänger Wolfgang Ambros. Auch der frühere BVT-Chef, Gert-René Polli, wurde nach seiner Zeit als oberster Verfassungsschützer zwischen 2011 und 2014 insgesamt 28 Mal über seine Nummer abgefragt – und 19 Mal erfolgreich lokalisiert.
Die Nummern wurden mithilfe von „Altamides“ geortet, einer Technologie von First Wap. Den Grundstein dafür legte Firmengründer Josef Fuchs, ein Tiroler, der 2024 verstarb. Die weltweit operierende Überwachungsfirma hat Firmensitze in Jakarta und Dubai. Bis 2009 existierte auch in Österreich eine ähnlich benannte Firma im Eigentum von Fuchs und Goebel, sie hieß 1rstWAP Mobile Internet Services GmbH.
First Wap nutzte in vielen Fällen einen Zugang über Telecom Liechtenstein. Aus den Daten geht hervor, dass rund ein Drittel der teils wohl illegalen Trackingvorgänge über einen SS7-Zugang liefen, der der Mobilkom Liechtenstein gehört. Diese war bis 2014 – also zu jener Zeit, als die meisten Überwachungen im Datensatz stattfanden – eine hundertprozentige Tochter der Mobilkom Austria, heute A1 Telekom Austria.
Wie es First Wap jedoch zwischen 2007 und 2014 gelang, rund eine halbe Million Überwachungsversuche über Liechtenstein abzuwickeln, ohne dass dieser mutmaßliche Missbrauch auffiel – dazu kann oder will heute kaum jemand der damals Beteiligten viel sagen