Das Verhältnis zwischen der – demokratischen – Politik und dem Staat sowie den „Medien“ und deren Eigentümern ist seit jeher von Konflikten geprägt. Jede Seite beansprucht für sich, im Besitz der Wahrheit zu sein.
Dass dabei geirrt, verzerrt, getilgt, verheimlicht und gelogen wird, wissen wir seit Langem – manchmal aus Nachlässigkeit, manchmal aus Böswilligkeit, manchmal aus Unwissenheit, manchmal mit Kalkül.
Friedrich Merz, der aktuelle deutsche Bundeskanzler, sagte vor vielen Jahren einmal, wie dankbar er sei, dass er über Twitter/X direkt mit den Menschen kommunizieren und seine Botschaften ohne den Filter (oder gar die Zensur) durch die klassischen Medien übermitteln könne. Ich glaube allerdings, dass ihm damals noch nicht bewusst war, dass auch Twitter selbst – durch die algorithmische Auswahl der angezeigten Inhalte – beeinflusst, welche Botschaften wem gezeigt und welche vorenthalten werden.
Jedes Medium wählt aus, welche Nachrichten es zeigt und wie diese formuliert werden – ob Zeitung, Radio, Fernsehen, Podcast oder soziale Medien. Das macht es besonders schwierig, an Nachrichten heranzukommen, die einem durch diese Kuration – sei es durch eine Redaktion oder durch einen Algorithmus – vorenthalten werden. Ebenso schwierig ist es oft, die Originalquelle zu finden, in der mitunter etwas ganz anderes steht als in der veröffentlichten Fassung.
Wer sich dieser Mechanismen bewusst ist, wundert sich kaum noch ĂĽber die bewusste oder unbewusste Beeinflussung von Menschen durch Medien und die vermittelten Inhalte.
Doch wie kann man das Dilemma lösen, dass täglich Milliarden von Nachrichten produziert und verbreitet werden – manche näher an der Wahrheit, andere weiter davon entfernt – und uns in einer Flut erreichen, in der wir ohne Filter und Zusammenfassungen untergehen würden? Genau dieser Filter aber birgt das Risiko der Manipulation.
Technologische und juristische Lösungen wirken auf den ersten Blick oft einfach – sie sollen den Menschen das Leben erleichtern und sie gleichzeitig schützen.
Ich finde jedoch, wir sollten auch einen ausgewogenen Weg finden, der dem Einzelnen in seiner Eigenverantwortung für die Freiheit etwas zumutet – damit er seiner Pflicht als mündiger Bürger nachkommen kann. Gleichzeitig muss aber auch geklärt werden, wann und wo der Staat oder die Gemeinschaft den Einzelnen schützen sollten.
Viel wird derzeit darüber diskutiert, was verboten werden sollte. Auf der Seite der Bürger wird meist nur abstrakt von der „notwendigen Vermittlung von Medienkompetenz“ gesprochen – insbesondere für junge Menschen.
Wenn ich mir allerdings im Alltag anschaue, wie – insbesondere Erwachsene – mit den Nachrichten aus Bild, Heute, Österreich, Facebook, Twitter, Puls 4 & Co umgehen, dann sollten genau diejenigen, die lautstark den Schutz der Jugend fordern und TikTok & Co am liebsten verbieten möchten, sich selbst an die Nase fassen.
Vielleicht sollten sie sich zunächst einen eigenen TikTok-Account zulegen, sich dort ein paar Wochen umsehen – und idealerweise auch selbst Inhalte produzieren. Vielleicht entwickeln sie dann ein besseres Verständnis für die Komplexität der Lage – und wie man differenzierter mit diesen Herausforderungen umgehen kann.